Nachhaltige Ökonomie

  • In unserem Alltag verwenden wir eine Vielzahl von Materialien wie Kunststoffe, Wasch- und Reinigungsmittel, Pharmazeutika und Biokraftstoffe. Eine zukünftige nachhaltige Wirtschaft kann als Ausgangsstoff zur Herstellung dieser Stoffe entweder Biomasse oder Kohlendioxid aus der Atmosphäre nutzen. Die Gesamtnachfrage nach den Rohstoffen kann dabei durch eine Erhöhung der Recyclingquote reduziert werden.

  • Eine Analyse der Nachfrage und des Potenzials von Biomasse zeigt, dass allein die Biomasse der dritten Generation, d.h. die ausschließliche Verwendung von Reststoffkomponenten aus der Lebensmittelproduktion, nicht ausreicht, um genügend Rohstoffe für eine zukünftige chemische Industrie und für die Herstellung von Biokraftstoffen zu liefern. Wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, muss eine bio-basierte Wirtschaft auch auf Biomasse der ersten oder zweiten Generation zurückgreifen. Das sind Nahrungsmittel-Komponenten wie Stärke, Zucker, und Pflanzenöl, oder Pflanzen, die auf Landflächen angebaut werden, auf denen auch Nahrungsmittel erzeugt werden könnten, beispielsweise Gräser und Holz. Daher ist es unvermeidlich, dass bio-basierte Stoffe um die gleiche Landfläche wie die Nahrungsmittel-Produktion konkurrieren.

  • Für eine Bioökonomie haben sich alle erforderlichen Technologien zumindest im Pilotanlagenmaßstab bewährt. Eine Bioökonomie wäre also technisch und wirtschaftlich mit im Prinzip vorhandener Technologie realisierbar. Bereits heute werden diverse Produkte aus Biomasse auf wirtschaftlich sinnvolle Weise hergestellt.

  • Die direkte Abscheidung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre erfordert neue Technologien, für die mehrere Vorschläge vorliegen die derzeit weiterentwickelt werden. Aufgrund der geringen Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre sind erhebliche technologische Herausforderungen zu meistern. Entsprechend muss die wirtschaftliche Machbarkeit in größerem Maßstab noch nachgewiesen werden. Die anschließende Umwandlung des abgetrennten Kohlendioxids in Chemikalien erfordert einen erheblichen Energieaufwand, funktioniert aber bereits bei Produktionsmengen von 5000 Tonnen pro Jahr.

  • Für eine Kohlendioxidwirtschaft müsste allerdings keine fruchtbare Landfläche genutzt werden, da die Abscheidung des Kohlendioxids überall realisiert werden kann, also auch zum Beispiel in Wüsten oder Permafrost-Gebieten. Die benötigte Energie kann ebenfalls nachhaltig gewonnen werden, zum Beispiel durch Photovoltaik in Wüstengebieten.

  • Der Aufbau einer Kohlendioxidwirtschaft wird allerdings aktuell die Treibhausgasemissionen nicht verringern, solange wir noch fossile Ressourcen zur Energienutzung verbrennen. Erst nach der Energiewende könnte eine Kohlendioxidwirtschaft nachhaltig zur Reduzierung des Kohlendioxids in der Atmosphäre beitragen.

  • Die wiederholt vorgeschlagene Verwendung von Algen entweder zur Abscheidung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre oder zur Herstellung von Chemikalien aus Kohlendioxid erweist sich als weniger effizient als vergleichbare chemische Routen. Algen sind daher keine geeignete Lösung.

  • Sowohl eine Bioökonomie als auch eine Kohlendioxid-Ökonomie sind prinzipiell technisch realisierbar und erlauben die stofflichen Kreisläufe zu schließen.

  • Solange es unterernährte Menschen gibt, ist allerdings die Bioökonomie wegen ihrer Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion ethisch fragwürdig. Ohne Veränderung in unserem Verhalten bzgl. tierbasierter Nahrungsmittel und Kinderzahl kann das Problem des Welthungers aber nicht überwunden werden. So entscheiden wir mit unserem Verhalten auch darüber, ob wir eine leicht zugängliche Bioökonomie realisieren können oder ob wir aus ethischen Gründen gezwungen sind, eine Kohlendioxidwirtschaft mit all den noch ungelösten wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen anzustreben.

Die hier vorgestellte Diskussion ist an eine Publikation in ChemBioEng Reviews angelehnt:
Pfennig, A.: Sustainable Bio- or CO2-Economy: Chances, Risks, and Systems Perspective.

ChemBioEng Reviews (2019) 6(3), 90-104.

Neben Nahrungsmitteln und Energie benötigen wir eine Vielzahl von Materialien und Stoffen, die wir im Alltag verwenden. Aus den Materialien wie beispielsweise Kunststoffen sind die Dinge aufgebaut, die uns ein angenehmes Leben ermöglichen. Die stofflichen Komponenten nutzen wir, um zum Beispiel Wasch- und Reinigungsmittel, Pflegeprodukte und Pharmazeutika, aber auch um Biokraftstoffe herzustellen. Eine Hauptkomponente dieser materiellen Basis ist Kohlenstoff. Wenn wir eine nachhaltige Ökonomie aufbauen wollen, kann dieser Kohlenstoff als Grundbaustein letztendlich nur aus dem Kohlendioxid der Luft gewonnen werden. Entweder nutzt man dazu technische Methoden, um das Kohlendioxid beispielsweise mit Hilfe der Absorption aus der Luft direkt abzutrennen, das dann anschließend in entsprechenden chemischen Prozessen in die gewünschten Stoffe umgewandelt wird. Um das Kohlendioxid so zu verarbeiten, werden große Energiemengen benötigt. Alternativ kann man als Energiequelle das Sonnenlicht nutzen, um das Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu gewinnen, indem Pflanzen angebaut werden, die genau dies realisieren. Die Energie, die man dann zum Betreiben der Prozesse benötigt, welche die Biomasse in die gewünschten Produkte umwandelt, ist deutlich geringer als bei den Routen, die direkt auf Kohlendioxid aufbauen. Bei beiden Alternativen ist der Aufwand an Landfläche bzw. Energie so hoch, dass es anzustreben ist, den Bedarf an neuen Stoffen so gering wie möglich zu halten, indem eine möglichst hohe Recyclingquote erreicht wird. Offensichtlich lassen sich aber bei weitem nicht alle Stoffe recyceln, wie beispielsweise Biokraftstoffe, Waschmittel und Pflegeprodukte, da die ‚Endprodukte‘ der jeweiligen Anwendung nicht so konzentriert anfallen, dass sie einer Aufbereitung sinnvoll zugeführt werden könnten. Für eine nachhaltige Gesamtwirtschaft ist zu erwarten, dass die beiden wesentlichen Routen – Produkte aus Kohlendioxid aus der Atmosphäre oder aus Biomasse – gemeinsam in einem stofflichen Verbund eingesetzt werden, je nachdem, wie es für ein Produkt und eine Anwendung optimal ist. Genauso ist zu erwarten, dass das Recycling wesentlich erhöht wird, so dass die Zufuhr von frischen Stoffen in diesen Kreislauf minimiert wird. Eine Form des Recyclings, die technisch machbar aber heute so noch nicht realisiert ist, besteht darin, Abfälle generell zu verbrennen und das entstehende Kohlendioxid dann mit nachhaltig erzeugter Energie in gewünschte Produkte umzuwandeln.

Dass die Nutzung von Kohlendioxid zur Herstellung chemischer Produkte technisch möglich und ökonomisch nicht völlig ineffizient ist, wurde bereits im Maßstab von 5000 Tonnen pro Jahr in der „George Olah Renewable Methanol Plant“ der Firma Carbon Recycling International auf Island gezeigt. Mit Hilfe von nachhaltiger Elektrizität und Kohlendioxid aus unterirdischen Quellen, das bei der Nutzung von Geothermie freigesetzt wird, wird Methanol hergestellt, das als Ausgangsstoff in der chemischen Industrie zur Herstellung von einer Vielzahl von Produkten eingesetzt werden kann. Jede Quelle von Kohlendioxid, also beispielsweise auch eine Verbrennung, würde im Prinzip eine vergleichbare Methanol-Produktion erlauben.

Kritisch ist hingegen die Abtrennung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Bisher wurden verschiedenste Prozesse vorgeschlagen und im kleineren Maßstab getestet, die auf den Prinzipien der Absorption oder Adsorption beruhen. Das Kohlendioxid wird dabei entweder mit Hilfe einer Flüssigkeit oder eines Feststoffe aus der Luft quasi herausgewaschen. Die Konzentration in der Luft ist dabei vergleichsweise gering, etwa 0,04%, und zur Gewinnung von einer Tonne Kohlendioxid benötigt man rund 100 Tonnen der Wasch-Flüssigkeit bzw. des Feststoffs. Diese werden dann zwar wieder gereinigt und erneut eingesetzt, dennoch sind es relativ große Mengen, die pro Tonne Kohlendioxid behandelt werden müssen, wobei die Gefahr besteht, dass entsprechend hohe Kosten resultieren. In einem größeren, wenigstens halbtechnischen Maßstab muss die Wirtschaftlichkeit dieser Prozesse, zu denen bereits viele theoretische Studien mit sehr unterschiedlichen Technologien publiziert wurden, allerdings noch nachgewiesen werden.

Wird das Kohlendioxid der Atmosphäre dagegen mit Hilfe von Sonnenlicht und Pflanzen in Stoffe umgewandelt, die dann Ausgangsmaterial für chemische Prozesse sein können, so ergeben sich eine Fülle von Optionen. Die eingesetzte Biomasse wird nach der Generation der eingesetzten Technologie unterteilt. Als Biomasse der ersten Generation bezeichnet man Ausgangsprodukte wie Getreide, Zuckerrüben und Zuckerrohr, die auch zur Nahrungsmittelherstellung genutzt werden können. Biomasse der zweiten Generation sind Pflanzen, die zwar nicht direkt als Nahrungsmittel genutzt werden, die aber auf Landfläche wachsen, die auch zur Nahrungsmittelerzeugung eingesetzt werden könnte. Beispiele sind schnellwachsende Gräser wie Miscanthus oder Bäume und Sträucher, wie Pappeln und Weiden, die ebenfalls schnell wachsen. Bäume werden dabei üblicherweise in Kurzumtriebsplantagen angebaut, bei der die Bäume sehr dicht wachsen und nach nur 3 bis 10 Jahren abgeholzt werden, weil das den höchsten jährlichen Ertrag liefert. Als Biomasse der dritten Generation bezeichnet man schließlich solche Biomasse, die nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurriert, also beispielsweise Stroh und andere Abfallstoffe der Nahrungsmittelerzeugung.

Die am einfachsten zugänglichen Produkte, die sich aus der Biomasse herstellen lassen, sind als Zwischenstufen zunächst Zucker und Pflanzenöl. Diese können dann als Rohstoff für weitere chemische Schritte dienen, um die letztendlich benötigten Stoffe und Materialien wie Kunststoffe zu erzeugen. Es ergeben sich durch die Vielfalt der Ausgangsstoffe und der Prozesse, die sich anschließen, eine Fülle von Optionen, für die in Abbildung 1 der Flächenbedarf gezeigt ist, der benötigt würde, wenn die jeweilige Route alleine alle Rohstoffe für die Chemische Industrie bereitstellen sollte. Wie gesagt ist zu erwarten, dass letztendlich eine Mischung diverser Routen realisiert wird, denn für verschiedene Produkte werden unterschiedliche Prozesse optimal sein. Da die Anteile, die verschiedenen Routen in einer zukünftigen Bioökonomie ausmachen werden, heute noch nicht absehbar sind, können hier nur die individuellen Routen verglichen werden. Für manche Ausgangsstoffe sind zudem unterschiedliche Endprodukte angegeben. Einerseits können die Stoffe vollständig genutzt werden, beispielsweise als Zucker, aus dem dann neue Stoffe aufgebaut werden. Alternativ kann der Zucker zu Ethanol vergoren werden, wobei das dabei entstehende Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben wird. Entsprechend erhält man weniger Ethanol als man Zucker eingesetzt hat. Dies führt zu einer größeren benötigten Landfläche, da von der ursprünglichen Biomasse hin zum endgültigen Produkt ja ein Teil verloren geht. In einem weiteren Schritt kann Ethanol zu Ethylen umgewandelt werden, wobei Wasser abgespalten wird, man also wieder eine geringere Masse Produkt als Ausgangsstoff erhält. Andererseits ist Ethylen ein sogenannter direkter drop-in, d.h. Ethylen kann direkt in bestehende chemische Prozesse eingespeist werden, da Ethylen auch heute bereits Ausgangsstoff vieler Prozesse ist, aber aus Erdöl hergestellt wird. Damit sind bei den Ausgangsstoffen Zucker, Stärke, die einfach in Zucker umgewandelt werden kann, und Cellulose, aus der sich bisher nur recht aufwändig und verlustreich Zucker herstellen lässt, jeweils drei Routen möglich, die sich darin unterscheiden, wie viel der Biomasse letztendlich im Produkt landet. Die Route über Ethylen würde die geringsten Veränderungen der bestehenden nachfolgenden chemischen Schritte bedeuten, geht aber mit den größten Masseverlusten einher.

Flächenbedarf verschiedener Routen einer Bio-Ökonomie

Abbildung 1: Flächenbedarf pro Kopf, der sich bei einer Bioökonomie für unterschiedliche Ausgangsstoffe und Produkte ergibt, wenn der gesamte Bedarf von der jeweiligen Route gedeckt werden soll. Die Routen sind nach der Generation der eingesetzten Biomasse geordnet. Balken in hellerem Grün beziehen sich auf Routen, bei denen einzelne Schritte noch nicht im größeren Maßstab technisch realisiert wurden.

 

In Abbildung 1 sind die unterschiedlichen Routen nach der Generation der Biomasse sortiert aufgetragen. Die gesamte gezeigte Landfläche, die als Fläche pro Person dargestellt ist, ist die Fläche Ackerland, die in 2050 für jeden Menschen zur Verfügung steht, wenn sich die Welt-Bevölkerung entsprechend der hohen Bevölkerungsprognose der UN entwickelt. Zudem ist die in den Bilanzen zur Landflächennutzung für diese Bevölkerungsentwicklung verwendete Landfläche zur Erzeugung bio-basierter Stoffe und Materialen als rote gestrichelte Linie mit eingetragen. Sie gibt quasi das Ziel vor, unter dem eine zukünftige Bioökonomie bleiben müsste, damit die Gesamtbilanzen wie dort gezeigt aufgehen. Die Balken für jede der gezeigten Routen ergeben sich daraus, dass zwei Grenzfälle für die landwirtschaftliche Produktivität angenommen wurden. Der kleinste Landflächenbedarf ergibt sich unter Berücksichtigung eines Landes, das eine sehr hohe flächenspezifische Produktivität aufweist und gleichzeitig ein großer Produzent für die jeweilige Ausgangs-Biomasse ist. Für den höchsten Landflächenbedarf wurde die weltweit mittlere Produktivität zugrunde gelegt. Die Breite jedes Balkens charakterisiert also den Bereich der Landfläche, der in Ländern benötigt wird, in denen sich der Anbau lohnt. Für die Biomasse der zweiten Generation sind leider nationale oder globale Mittelwerte für die Produktivität nicht verfügbar, so dass die Balkenbreite aus Publikationen zu typischen Produktivitäten abgeleitet wurde.

Es wird deutlich, dass die Verwendung von Biomasse der dritten Generation, die ja nicht mit der Nahrungsmittelerzeugung konkurriert, die weitaus größten Landflächen benötigt. Stroh, einer der wesentlichen Beiträge zu Biomasse der dritten Generation, wird zudem am besten zu etwa 2/3 wieder im Acker untergepflügt, um Humus zu bilden und damit langfristig Nachhaltigkeit sicherzustellen. Dieser Faktor ist in Abbildung 1 nicht mit eingerechnet. Berücksichtigt man dies, wird deutlich, dass mehr als die nachhaltig zur Verfügung stehende Menge an Nebenkomponenten der Nahrungsmittelproduktion benötigt wird, um alle Bedürfnisse der Menschen nach bio-basierten Produkten sicherzustellen. Alleine Biomasse der dritten Generation reicht also nicht aus, um die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Damit ist eine Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion um Ackerfläche mit der Herstellung bio-basierter Produkte unausweichlich, zumindest wenn die Menschheit ihr Verhalten bzgl. Kinderzahl und Ernährungsgewohnheiten nicht ändert.

Bei dem Vergleich der Biomasse erster und zweiter Generation fällt auf, dass eine Fülle von Optionen möglich ist, die unter der Zielvorgabe der rot gestrichelten Linie bleiben. Zudem wird deutlich, dass die Biomasse erster und zweiter Generation sich wenn überhaupt nur wenig in ihrem Flächenbedarf unterscheiden. Da die Prozesse, die auf der Biomasse erster Generation aufbauen, typischerweise einfacher und heute bereits in großen Maßstab etabliert sind, ist es voraussichtlich besser, Biomasse der ersten Generation zu nutzen. Dies hat auch den Vorteil, dass Proteine, die bei Biomasse der ersten Gebneration relativ leicht zugängliche Bestandteile sind, zur menschlichen Ernährung genutzt werden können, da sie normalerweise nicht zur Erzeugung der Haupt-Produkte und Materialien in der Chemischen Industrie eingesetzt werden. Auf diese Weise ergäbe sich also eine positive Synergie zwischen Bioökonomie und Nahrungsmittelerzeugung.

Werden nun die Optionen verglichen, die sich für eine nachhaltige Ökonomie ergeben, so benötigt eine Kohlendioxid-Wirtschaft zwar keine Ackerfläche, aber große Energiemengen und das Abscheiden von Kohlendioxid aus der Atmosphäre birgt noch deutliche technologische und ökonomische Risiken. Ein geeigneter Kohlendioxid-Abscheide-Prozess wurde bis heute noch nicht in größerem Maßstab unter realistischen Bedingungen betrieben. Die Bioökonomie auf der anderen Seite ist bereits technisch im großen Maßstab erprobt, benötigt allerdings Ackerfläche, die mit der Nahrungsmittelerzeugung konkurriert. Bedenkt man, dass ja nicht nur eine bio-basierte Chemische Industrie wie in Abbildung 1 zugrundegelegt mit der Biomasse gespeist werden muss, sondern auch die Bio-Brennstoffe erzeugt werden müssen, die für diverse Prozesse benötigt werden, ist klar, dass die insgesamt benötigte Fläche um einen Faktor 2 bis 3 größer ist als in Abbildung 1 gezeigt. Bioökonomie ist daher ethisch fragwürdig, solange Menschen hungern. Die Ernährungs-Situation hängt wie gezeigt ganz wesentlich vom menschlichen Verhalten bzgl. Kinderzahl und Ernährungsgewohnheiten ab. Daher entscheiden wir mit unserem Verhalten auch, ob wir eine leicht zugängliche Bioökonomie realisieren können oder ob wir aus ethischen Gründen gezwungen sind, eine Kohlendioxidwirtschaft mit all den noch ungelösten wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen anzustreben. Ethik und realisierbare Technologie sind also hier unmittelbar miteinander verknüpft.

Beide Optionen, die Bioökonomie sowie die Kohlendioxid-Ökonomie sind aber insgesamt prinzipiell machbar und bieten die große Chance, eine Wirtschaft zu etablieren, in der die stofflichen Kreisläufe wirklich geschlossen werden können.

Hier sollen abschließend noch zwei weitere Aspekte angesprochen werden, die in diesem Zusammenhang häufig angesprochen werden. Der Aufbau einer Kohlendioxidwirtschaft wird aktuell die Treibhausgasemissionen nicht verringern, solange wir noch fossile Ressourcen zur Energienutzung verbrennen. Dies liegt daran, dass die fossilen Rohstoffe also Gas, Erdöl und Kohle mit einer Effizienz von nur 40% in Strom umgewandelt werden. Um Kohlendioxid zurück in vergleichbare flüssige oder feste Stoffe zu verwandeln, werden aber aufgrund des physikalischen Grundsatzes der Energieerhaltung 100%, unter Berücksichtigung technischer Ineffizienzen sogar mehr, an nachhaltig erzeugtem Strom benötigt, um den dazu benötigten Wasserstoff herzustellen. Es ist daher mindestens um einen Faktor 2,5 effizienter den nachhaltig erzeugten Strom ins Netz einzuspeisen und die dann eingesparten fossilen Rohstoffe stofflich zu nutzen, als das Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu gewinnen und in Produkte umzuwandeln. Erst nach der Energiewende, wenn also keine fossilen Energieträger mehr eingesetzt werden, könnte eine Kohlendioxidwirtschaft nachhaltig zur Reduzierung des Kohlendioxids in der Atmosphäre beitragen.

Schließlich soll die wiederholt vorgeschlagene Verwendung von Algen entweder zur Abscheidung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre oder zur Herstellung von Chemikalien aus Kohlendioxid betrachtet werden. In der Literatur und den Medien liest und hört man oft, dass Algen bei der Umwandlung von Kohlendioxid beispielsweise in Pflanzenöle, deutlich effizienter als übliche landbasierte Pflanzen sind. Dabei wird allerdings oft nicht erwähnt, dass dies nur zutrifft, wenn den Algen konzentriertes Kohlendioxid zur Verfügung gestellt wird. Vergleicht man die Algen korrekterweise mit chemischen Prozessen zur Umwandlung von Kohlendioxid wie die oben erwähnte Herstellung von Methanol, so sind Algen wesentlich ineffizienter, weil sie mindestens 30% des Kohlendioxid zum Aufbau ihrer Zellstruktur nutzen und typischerweise mindestens 10% des konzentriert zugespeisten Kohlendioxids im Prozess in die Atmosphäre entweichen. Im Gesamtprozess wird das Kohlendioxid also nur mit einer Effizienz von deutlich unter 70% in Produkte umgewandelt, während der chemische Prozess eine Effizienz von über 90% aufweist. Algen können also nicht sinnvoll zur Umwandlung von CO2 in Produkte verwendet werden. Alternativ werden Algen vorgeschlagen, um Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden. Dieser Prozess hat unter Berücksichtigung der Energieverluste beim Betreiben des Prozesses ebenfalls eine schlechtere Effizienz als landbasierte Pflanzen. Statt üblicher Pflanzen also Algen zu kultivieren, ist wiederum ein Verlust an Effizienz. Lediglich, wenn Algen in Regionen kultiviert werden, in denen landbasierte Pflanzen nicht gedeihen, wie beispielsweise in Savannen und Wüsten, würde die entsprechende Konkurrenz um Landfläche entfallen. Allerdings sind gerade unter solchen Bedingungen die Prozessverluste besonders erheblich, weil die Algen zu hohe Lichteinstrahlung sowie hohe Temperaturen nicht vertragen und zudem je nach Prozess Wasser in erheblichem Umfang verdunstet. Bei allen diesen Optionen sind also Algen weniger Effizient als die Alternativen.