Nachhaltigkeits-Ethik

  • Eine Ethik basiert auf der Annahme gleicher Rechte und Pflichten für alle Menschen. Die resultierenden ethischen Grundsätze, die sich teilweise in den Gesetzen manifestieren, müssen im gesellschaftlichen Diskurs erarbeitet werden, der darauf abzielt, ein maximales Wohlbefinden für alle zu gewährleisten und gleichzeitig die Einschränkungen für unser Verhalten zu minimieren.

  • Da das menschliche Verhalten das Ökosystem unseres Planeten Erde beeinflusst, was wiederum jeden betrifft, muss dieses Feedback auch im Diskurs berücksichtigt werden. Unser persönliches Verhalten, für das wir individuell verantwortlich sind, beeinflusst das Wohlbefinden aller. Insbesondere haben wir kein Recht darauf, nur Rechte zu haben. Wir haben auch ganz unweigerlich Pflichten, im Kontext hier beispielsweise zur Sicherstellung von Nachhaltigkeit.

  • Eine Nachhaltigkeitsethik muss diese harten Randbedingungen berücksichtigen, die nicht verhandelt werden können. Da die Veränderungen in unserem Ökosystem schnell sein werden, können wir uns nicht auf Traditionen für unser Verhalten verlassen oder gar auf Traditionen, wie wir eine Ethik aufbauen und weiterentwickeln. Stattdessen ist es an uns, einen ausreichend schnellen Diskurs aktiv zu fördern und neue ethische Richtlinien zu vereinbaren, die absehbar von unseren bisherigen Traditionen abweichen werden. Diese Traditionen haben uns ja gerade in die aktuelle Situation mit den globalen Herausforderungen gebracht.

  • Bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsethik können wir nicht auf Einstimmigkeit hoffen, sondern müssen schneller vorgehen. Daher sind neue Strategien im Diskurs zwischen entwickelten und weniger entwickelten Regionen erforderlich, die auch zu einer flexibleren Struktur und Art der Ratifizierung internationaler Verträge führen.

Als Lebewesen haben wir bestimmte Bedürfnisse und Wünsche. Als Teil einer Gesellschaft müssen wir zudem erkennen und anerkennen, dass wir ständig mit gleichartigen Menschen in Beziehung treten, die auch vergleichbare Bedürfnisse und Wünsche haben. Wir erkennen schließlich, dass nicht alle Bedürfnisse und Wünsche aller Menschen, die miteinander wechselwirken, gleichzeitig erfüllt werden können. Einige können sogar im Widerspruch stehen. Es muss also anscheinend ein Weg gefunden werden, der es erlaubt dafür zu sorgen, dass die Anforderungen und Wünsche vielleicht nicht vollständig, aber zumindest in akzeptablem Maße erfüllt werden können. Dies ist die Grundlage für eine Ethik.

In dem Bewusstsein, dass die Anforderungen und Wünsche sehr individuell persönlich sind, ist es klar, dass ethische Regeln nicht auf der Grundlage absoluter Erwägungen definiert werden können. Während zwar einige fundamentale ethische Regeln wie das Recht auf ein unversehrtes Leben aus ganz grundsätzlichen Überlegungen abgeleitet werden können, ist für individuellere Aspekte eine direkte Verhandlung zwischen den interagierenden Menschen erforderlich. Nur so können die individuellen Aspekte korrekt berücksichtigt werden. Dies führt zu der Einsicht, dass eine sinnvolle Ethik diskursive Elemente beinhalten muss, was zu einer diskursiven Ethik führt. Ziel des Diskurses ist es, ein optimales Gleichgewicht zwischen den möglicherweise unterschiedlichen Interessen verschiedener Menschen zu finden. Da es unmöglich ist, dass alle an jeder einzelnen Situation beteiligten Personen zunächst diskursiv über die anzuwendenden spezifischen ethischen Regeln verhandeln, wurden in der Vergangenheit grundlegende prototypische ethische Regeln entwickelt, die schließlich in der Rechtsordnung gipfelten, die innerhalb einer Gesellschaft verbindlich ist. Dass auch diese Gesetze auf einem womöglich formalisierten Diskurs in einer Gesellschaft beruhen, ist klar, da Gesetze aufgrund neuer Erkenntnisse oder neu auftretender Situationen, geändert werden können.

Vor allem in einer begrenzten Welt, in der wir durch unser Handeln an diese Grenzen stoßen, kann eine Ethik nicht nur auf dem Diskurs an sich aufbauen. Wir müssen auch die Folgen unseres Handelns abschätzen. Dazu gehören zum Beispiel auch unsere individuellen Handlungen, die eine Zunahme des Klimawandels oder eine Zunahme der Zahl unterernährter Mitmenschen bewirken. Da wir auch für das, was wir persönlich beitragen, individuell verantwortlich sind, ist es erforderlich, dass im Diskurs auch die Reaktionen des Ökosystems auf unsere Entscheidungen und Handlungen in die ethischen Überlegungen einbezogen werden. In dem Bewusstsein, dass viele der Folgen unseres heutigen Handelns wie der Klimawandel noch jahrhundertelang bestehen bleiben werden, müssen diese ökologischen Aspekte mit einem entsprechend hohen Gewicht berücksichtigt werden.

Eine Nachhaltigkeitsethik muss daher den besten Kompromiss zwischen den individuellen Interessen aller Menschen und gleichzeitig den Folgen der resultierenden Veränderungen unseres Ökosystems für jeden von uns berücksichtigen. Während wir den Kompromiss mit unseren Mitmenschen aushandeln können, können wir mit dem Ökosystem nicht verhandeln. Die Folgen für das Ökosystem, die durch unser Handeln hervorgerufen werden, werden unweigerlich eintreten. Wenn wir uns nicht ändern, wird es also das Ökosystem tun.

Interessanterweise werden selbst in der UN-Menschenrechtserklärung Verpflichtungen erwähnt, die jedem Menschen Pflichten zuweisen, so dass es möglich ist und bleibt, dass alle Menschen die in dieser Erklärung festgelegten universellen Rechte genießen können. Besonders eine ausreichende Nahrungsmittelversorgung ist eines der grundlegenden Menschenrechte, das in direktem Zusammenhang mit der Diskussion über Nachhaltigkeit steht. Diese bereits bestehenden und allgemein akzeptierten Menschenrechte können somit eine erste Grundlage für eine Nachhaltigkeitsethik bilden, wenn die Pflichten konkreter mit Bezug auf die individuelle Verantwortung wahrgenommen werden.

Bislang haben sich über lange Zeiträume hinweg ethische Richtlinien und Regeln entwickelt, die Teil unserer Kultur sind. Diese ethischen Randbedingungen ändern sich traditionell nur langsam, was dazu führt, dass Gesetze nur gelegentlich und oft nur in kleinen Schritten geändert werden. Wir müssen erkennen, dass dieser traditionelle Weg zu einer allgemein anerkannten Ethik für unsere Zukunft nicht funktionieren wird. Die Veränderungen des Ökosystems werden so schnell erfolgen, dass wir die Zeit für den traditionellen Ansatz nicht haben. Daher müssen wir den Diskurs und das Zustandekommen von daraus entsprechenden Vereinbarungen aktiv fördern. Wir müssten heute im Wesentlichen Veränderungen vornehmen, um das Wohlbefinden morgen zu gewährleisten. Nachhaltigkeitsethik muss auf einem breiten Konsens aufbauen, möglicherweise aber nicht auf Einstimmigkeit, wie dies derzeit beispielsweise bei den Klimaabkommen der Fall ist. Die Forderung nach Einstimmigkeit führt immer zu den langsamstmöglichen Fortschritten, was derzeit nachteilig wäre, da jedes Veto erschöpfend wegverhandelt werden muss, was den Prozess nur verlangsamt. So müssen zwischen den Parteien, die sich bereits einig sind, verbindliche internationale Verträge vereinbart werden, die dann leicht auf neue Partner ausgedehnt werden können. Nur mit einer so dynamischen Organisation des Rechtssystems zwischen den Nationen können wir schnell genug sein, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen. Gleichzeitig können solche Verträge Verpflichtungen auf beiden Seiten bedeuten, die nicht nur einen finanziellen Fluss von entwickelten zu weniger entwickelten Regionen definieren, sondern alle hier diskutierten Verhaltensaspekte einbeziehen sollten, insbesondere auch die Anzahl der Kinder und die Ernährungsgewohnheiten.