Konkurrenz um Landflächen

  • Heute hungern über 800 Millionen Menschen weltweit, das heißt mehr als jeder Zehnte! Dies, obwohl die landwirtschaftliche Produktivität in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesteigert wurde. Das zeigt, dass die landwirtschaftlich nutzbare Landfläche das begrenzende Gut ist. Diese Fläche nahm in der Vergangenheit aber eher stetig, wenn auch langsam ab.

  • Der Anteil tier-basierter Nahrungsmittel nimmt aktuell global zu, unter anderem, weil dieser Anteil in China und Indien wächst. In Europa ist er tendenziell etwas rückläufig. Die Produktion tier-basierter Nahrungsmittel ist dabei sehr ineffizient. Es werden im globalen Mittel 80% der landwirtschaftlichen Flächen genutzt, um weniger als 20% der Kalorien durch tier-basierte Nahrungsmittel zu decken. Für jede Kalorie tier-basierter Nahrungsmittel werden zudem zwei Kalorien Futtermittel eingesetzt.

  • Durch das starke Bevölkerungswachstum nimmt die pro Person zur Nahrungsmittel-Erzeugung verfügbare Landfläche stetig ab. Nach der mittleren Variante des Bevölkerungswachstums wird sie bis 2100 um etwa einen Faktor 1,5 und nach der hohen Variante um einen Faktor von über 2 geringer sein. Die landwirtschaftliche Produktivität muss dies also durch eine zunehmende Intensivierung auffangen. Das Bevölkerungswachstum steigt dabei exponentiell, währen die landwirtschaftliche Produktivität nur linear zunimmt.

  • Sowohl bei der hohen als auch bei der mittleren Variante der Bevölkerungsentwicklung werden die landwirtschaftlich genutzten Landflächen trotz maximaler Intensivierung der Landwirtschaft immer an der Grenze ihrer Belastbarkeit bewirtschaftet werden müssen, wenn der Anteil tier-basierter Nahrungsmittel weiter so hoch bleibt wie bisher. Bei der hohen Variante des Bevölkerungswachstums muss sogar Wald in Ackerfläche umgewandelt werden, um alle Menschen ausreichend ernähren zu können.

  • In vielen Szenarien wird zudem intensiv Bio-Energie genutzt, um den Klimawandel zu begrenzen. Die Erzeugung von entsprechenden Energie-Pflanzen konkurriert zusätzlich um landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Eine ausschließlich auf Abfällen der Nahrungsmittelproduktion, das heißt ausschließlichem Einsatz von Biomasse der dritten Generation, basierende Bio-Energie kann keine nennenswerten Anteile unseres Energiekonsums decken. Einsatz von Bio-Energie bedeutet daher bei der hohen und mittleren Bevölkerungsvariante mehr Hunger in der Welt - auch heute schon.

  • Vergleichbares trifft auf die Herstellung von bio-basierten Materialien wie Kunststoffen, Waschmitteln, etc. zu. Auch dieser Bedarf kann nicht alleine aus Biomasse der dritten Generation erzeugt werden, so dass auch hier eine Bio-Ökonomie landwirtschaftliche Nutzfläche beansprucht und damit den Hunger in der Welt erhöht, solange wir unser Verhalten nicht ändern.

Die hier vorgestellte Diskussion ist an eine Publikation in ChemBioEng Reviews angelehnt:
Pfennig, A.: Sustainable Bio- or CO2-Economy: Chances, Risks, and Systems Perspective.

ChemBioEng Reviews (2019) 6(3), 90-104.